Wider than the Sky
Valerio Jalongo, Switzerland, 2024o
Artificial intelligence, or AI, is all of the following: an unprecedented opportunity, a huge risk, and even a grandiose illusion. If we have the courage to look beyond algorithms and robots, beyond the companies that develop them and the dark utopian worlds that are emerging, we discover much more than just a technological feat. We find ourselves faced with a profoundly human enigma.
«Ameca, stell Dir vor, mein Gehirn würde Beleidigungen als Komplimente interpretieren. Also, mach mir bitte die Freude!» – Sogleich schimpft der Roboterkopf mit Frauenstimme freundlich los. Was abseits der satirischen Idee gespenstisch wirkt, steht sinnbildlich für den dokumentarischen Ansatz von Valerio Jalongos Film Wider than the Sky. Lange vor dem Hype um ChatGPT konzipiert und im letzten April am Dokumentarfilmfestival in Nyon uraufgeführt, wirkt er erstaunlich aktuell. Er will weg vom Bild der kommerzialisierten «künstlichen Intelligenz» und spricht stattdessen von einer «kollektiven»: Das Wissen, auf dem KI basiert, sei Menschheitserbe, nicht Privatbesitz. Um das zu belegen, versammelt Jalongo prominente Stimmen: den Hirnforscher Antonio Damasio, den Medien- und KI-Künstler Refik Anadol, Katrin Amunts vom Human Brain Project oder Robotikforscher wie Will Jackson. Robokopf Ameca fungiert zudem als Erzählerin und führt durch technologische «Lebensphasen» der KI. Ein zweiter Strang des Films begleitet die Choreographin Sasha Waltz, deren Tänzerinnen und Tänzer mit Wiederholungen und Variationen neuronale Lernprozesse spiegeln. Daraus leitet Jalongo seine zentrale These ab: Wenn wir unser Gehirn nur bruchstückhaft verstehen, wie wollen wir dann die Blackbox moderner KI-Modelle beherrschen? Nicht alles überzeugt dabei gleichermassen: Die Retro-Bildsprache erinnert an die psychedelischen Sechzigerjahre, der Score drückt streckenweise zu pathetisch auf die Stimmung, und auch das Sounddesign wirkt überladen. Doch all das mindert kaum die Wucht des Films: eine Fundgrube voller Fragen zu einer Technologie, die die Menschheit möglicherweise tiefgreifender verändert als jede bisherige.
Michael SennhauserGalleryo


